Ein seltener Dukat von 1675 aus dem Herzogtum Jülich-Berg

Der nachstehende Artikel von Herrn Dr. Bernd Sprenger wurde im Numismatischen Nachrichtenblatt, Organ der Deutschen Numismatischen Gesellschaft, Ausgabe November 2024 (NNB 11/24), Seite 428 und 429 veröffentlicht.

Ein seltener Dukat
von 1675 aus Jülich-Berg
und der Übergang vom Goldgulden zum Dukaten

Bernd Sprenger

Während des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) löste der Dukat den Goldgulden als Standardgoldmünze ab. Die freie Reichsstadt Köln beispielsweise, in jener Zeit die „bedeutendste Wirtschaftsmetropole des westlichen Deutschlands“(1), stellte im Jahr 1634 ihre bis dahin regelmäßige Ausprägung von Goldgulden ein und begann stattdessen mit der Herstellung von Dukaten.(2) Was war der Grund dafür?
Die Wechselkurse hatten sich zugunsten des Dukaten entwickelt. So galt in Köln 1634 der Goldgulden 4 Gulden 1 ½ Albus, in summa 97 ½ Albus, der Dukat 5 Gulden 21 Albus, in summa 141 Albus.(3) Beim Goldgulden (Goldgehalt 2,50 g) wurde demnach das Gramm Gold mit 39 Albus, beim Dukaten (Goldgehalt 3,44 g) dagegen mit 41 Albus bewertet. Zwei Albus Unterschied waren eine nicht zu vernachlässigende Differenz. Der Dukat hatte sich inzwischen als internationale Handelsmünze durchgesetzt und wurde offenbar so stark nachgefragt, dass er gegenüber dem Goldgulden einen Aufpreis von fünf Prozent erhielt. Die Ausprägung von Goldgulden war damit unrentabel geworden. Die Stadt Köln berichtete 1639, dass Goldgulden vielfach aufgekauft, eingeschmolzen und aus dem Gold dann Dukaten hergestellt würden.(4)
Im 16. Jahrhundert war das noch anders. Die Augsburger Reichsmünzordnung von 1559 erhob den Dukat neben dem damals noch weit verbreiteten rheinischen Goldgulden zur Reichsmünze, wobei der Kurs des Dukaten mit 104 Kreuzer und der des Goldguldens mit 75 Kreuzer festgelegt wurde.(5) Für den Dukaten bedeutete das einen geringfügigen Kursvorteil von 0,76 Prozent.(6) Zu wenig, um bereits damals die Herstellung des gängigen rheinischen Goldguldens einzustellen.
Der Vormarsch des Dukaten wurde im 17. Jahrhundert vor allem in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, von einem nachhaltigen Anstieg des Goldpreises begleitet, abzulesen an der steigenden Bewertung des Goldes mit Silbergeld. Das Wertverhältnis zwischen Gold und Silber lag im 16. Jahrhundert bei etwa 11 bis 12, stieg im Zeitraum 1621/1640 auf 14 und 1661/1680 weiter auf 15.(7) Beim 15-fachen Wert des Goldes blieb es im Großen und Ganzen bis weit ins 19. Jahrhundert hinein.
Das Herzogtum Jülich-Berg rückte im Dreißigjährigen Krieg ebenfalls vom Goldgulden ab. Die letzten Goldgulden tragen die Jahreszahl 1613, seit 1636 wurden Dukaten geprägt.(8) Die Stückzahlen blieben gering. Der Numismatiker Alfred Noss verzeichnete in seinem bis heute zitierten Standardwerk über die Münzprägungen von Jülich-Berg für die 1670er Jahre nur Dukaten mit den Jahreszahlen 1676 und 1677.(9) Die Ausprägung für 1676 betrug 67 ½ Mark.(10) Das entspricht einer Stückzahl von etwas mehr als 4.500 Dukaten. Für den Zahlungsverkehr war das eine unbedeutende Menge. Die Ausprägung diente wohl eher dem Repräsentationsbedürfnis des Herzogs. Jülich-Bergische Dukaten mit der Jahreszahl 1675 waren Noss dagegen unbekannt, obwohl er für seine Forschungen über 40 öffentliche und 30 bedeutende private Sammlungen benutzte.(11)

Karte des Herzogtums "Jülich-Berg" von Willem und Joan Blaeu, um 1635

Der hier vorgestellte, sehr seltene Dukat von 1675 wurde im Juni 2010 vom Auktionshaus Künker in Osnabrück versteigert und gelangte in eine Privatsammlung.(12) Ein weiteres Exemplar dieses Jahrgangs ist in der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins Band 99 ab- gebildet.(13) Darüber hinaus sind dem Verfasser dieses Beitrags keine weiteren Jülich-Bergischen Dukaten von 1675 bekannt.


Jülich-Berg, Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Dukat 1675
Abbildung privat
 

Das Erscheinungsbild der Münze entspricht bis auf kleine Unterschiede im Detail dem Dukat des Folgejahres 1676 (Noss Nr. 700).(14) Zu sehen ist das Brustbild des Prägeherrn Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg mit langem, wallendem Haar und umgelegtem Mantel. Die Umschrift lautet PHILIPP WILH(elm) COM(es) PAL(atinus) R(heni) D(ux) BAV(ariae) I(uliae) C(liviae) ET MONT(is) (Philipp Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern Jülich Cleve und Berg). Die andere Münzseite zeigt unter einer flachen, breiten Krone ein achtteiliges Wappenschild mit dem Löwen in einem kleinen Mittelschild. Das große Wappenschild ist umgeben von einer Ordenskette mit herabhängendem goldenem Vlies, das unten die Jahreszahl 1675 mittig teilt. Oben links neben der Krone sind die Buchstaben IL erkennbar (Münzmeister Johann Longerich oder Stempelschneider Jakob Leer?), rechts neben der Krone zwei gekreuzte Zainhaken, die der Münzmeister Johann Longerich als Zeichen führte.(15) Die lateinische Umschrift TAN – DEM steht für den Wahlspruch des Herzogs, übersetzt etwa „doch endlich“ oder „zuletzt doch“.
Philipp Wilhelm regierte als Herzog von Jülich-Berg von 1653 bis 1679. Im September 1679 zog er sich nach Neuburg zurück und übergab Jülich-Berg seinem Sohn Johann Wilhelm („Jan Wellem“). Alfred Noss bezeichnete den Pfalzgrafen und Herzog Philipp Wilhelm als klugen, wohlmeinenden Mann, „doch nicht so geschickt wie sein Vater“, was wohl auf sein politisches Verhalten gemünzt war.(16) Immerhin konnte Philipp Wilhelm den seit 1609 schwelenden Erbfolgestreit zwischen Brandenburg und Pfalz-Neuburg, bei dem es unter seinem Vater Wolfgang Wilhelm 1624 nur zu einer vorläufigen Einigung gekommen war, im Jahr 1666 beenden.(17) Danach behielt Brandenburg die Territorien Cleve, Mark und Ravensberg, und Pfalz-Neuburg eben Jülich und Berg.
Das Gewicht unseres Dukaten von 1675 beträgt 3,43 g. Die Differenz zum Normgewicht der Dukaten von 3,49 g liegt noch im Rahmen der üblichen Schwankungsbreite, bedingt durch Remedium und beginnende Abnutzung des Geldstücks.(18) Geprägt wurde die Goldmünze in der Stadt Mülheim am Rhein.(19) Dort gab es seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine Münzprägestätte (eine von mehreren) der Grafen bzw. ab 1380 der Herzöge von Berg. Sie war bis 1691 tätig.(20) Heute ist Mülheim ein Stadtteil von Köln.
Dukaten galten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, von zeitlichen und regionalen Abweichungen abgesehen, in der Regel zwei Reichsthaler Spezies.(21) Die Gleichsetzung von 3,44 g Gold (Dukat) mit 51,96 g Silber (zwei Reichsthaler zu je 25,98 g Silber) entsprach einem Wertverhältnis der beiden Edelmetalle zueinander von 15,1. Aufgrund ihrer hohen Kaufkraft waren Dukaten im täglichen Zahlungsverkehr und generell bei den unteren Bevölkerungsschichten kaum anzutreffen. Für die meisten Lohnzahlungen war Gold viel zu hochwertig. Beim Festungsbau in der bergischen Haupt- und Residenzstadt Düsseldorf 1663 bis 1670 erhielten Tagelöhner zum Beispiel pro Arbeitstag 1/8 Thaler und kamen damit auf ein Jahreseinkommen von etwa 35 Reichsthaler.(22) Das waren umgerechnet etwa 17 ½ Dukaten im Jahr. Die Goldmünzen dienten zur Abwicklung hochwertiger Geschäfte und großer Zahlungen. Sie eigneten sich zudem, soweit verfügbar, zum Horten von Ersparnissen, verkörperten sie doch einen hohen Wert auf kleinem Raum.

Anmerkungen:

  • (1) Herrmann Kellenbenz: Wirtschaftsgeschichte Kölns im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert. In: Zwei Jahrtausende Kölner Wirtschaft, hrsg. im Auftrag des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs zu Köln v. Herrmann Kellenbenz, Bd. 1, Köln 1975, S. 321–427, hier S. 370.
  • (2) Alfred Noss: Die Münzen der Städte Köln und Neuss 1474–1794. Köln 1926, S. 178–181.
  • (3) Ebd., S. 180.
  • (4) Ebd., S. 185.
  • (5) Zur Reichsmünzordnung Johann Christoph Hirsch: Des Teutschen Reichs Münz-Archiv, 1.Theil, Nürnberg 1756, unveränd.. Nachdruck München 1977/78, Bd. 1, S. 383 ff., hier insbes.S. 390 f.; vgl. zudem Herbert Rittmann: Deutsche Geldgeschichte 1484–1914. München 1975, S. 203 f., sowie Bernd Sprenger: Das Geld der Deutschen. Geldgeschichte Deutschlands von den Anfängen bis zur Gegenwart, 3. Aufl. Paderborn 2002, S. 100–102.
  • (6) Der Kursvorteil lässt sich wie folgt errechnen: Der Wert des Dukaten von 104 Kreuzer wird durch sein Goldgewicht von 3,44 g geteilt und ergibt so 30,23 Kreuzer für 1 g Gold; der Wert des Goldguldens von 75 Kreuzer geteilt durch sein Goldgewicht von 2,50 g ergibt 30,00 Kreuzer für 1 g Gold. Die Differenz von 0,23 Kreuzer entspricht 0,76 %.
  • (7) Georg Obst: Geld-, Bank- und Börsenwesen. 7. Aufl., Leipzig 1912, S. 24 f., dort nach der sog. Soetbeerschen Statistik, die auch vom Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich übernommen wurde. Zu finden ist die Statistik ebenfalls bei Rittmann: Deutsche Geldgeschichte, S. 1006 f.
  • (8) Alfred Noss: Die Münzen von Berg und Jülich- Berg. II. Bd. München 1929, S. 39, 87 u. passim.
  • (9) Ebd., S. 139, 144 u. 149.
  • (10) Ebd., S. 139.
  • (11) Ebd., S. X u. XI.
  • (12) Auktion 171 der Fritz Rudolf Künker GmbH & Co. KG, Osnabrück 2010, S. 113, Nr. 5745.
  • (13) Barbara Körbes-Schneider: Bergische Goldgulden und Dukaten aus Mittelalter und früher Neuzeit. In: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, Bd. 99, Jg. 1999–2001, Neustadt an der Aisch 2003, S. 129–147, Abb. 13. In der dortigen Bildunterschrift wird fälschlicherweise die Jahreszahl 1676 genannt, während auf dem abgebildeten Dukaten eindeutig die Jahreszahl 1675 zu erkennen ist.
  • (14) Noss: Die Münzen von Berg und Jülich-Berg. II. Bd., S. 144.
  • (15) Ebd., S. 144.
  • (16) Ebd., S. 6.
  • (17) Ebd., S. 5 f.
  • (18) Dem Verfasser vorliegende Passiergewichte des Dukaten in Münzwaagenkästen wiegen 3,42 g.
  • (19) Vgl. Noss: Die Münzen von Berg und Jülich- Berg. II. Bd., S. 136 u. 144 f.
  • (20) Ebd., S. 164.
  • (21) Vgl. Sprenger: Das Geld der Deutschen, S. 124.
  • (22) Friedrich-Wilhelm Henning: Düsseldorf und seine Wirtschaft. Zur Geschichte einer Region, Bd. 1: Von den Anfängen bis 1860, Düsseldorf 1981, S. 99 f.

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